E: 
Volume down … Future up?
Past is history, Future is mystery and the present between is a challenge…
by Martina Dorner-Bauer
The painter and object artist doesn’t try to answer our “noisy” world with even louder paintings; she rather concentrates on the essential, on the little, on the unexciting, in order to let her works become an orientation aid through order and reduction. Heiler chooses above all the reduction of color and form. The beginnings of her artistic intervention come from the series Fences from the year 2015, which was dominated by the refugee movement towards Europe. For six months, the artist followed a very strict concept and painted so-called “stills” - daily screenshots of news channels that served as inspiration. The finished painting was subjected to a rigorous and consistent process of abstraction in a further step of wiping off and taking away again the oil color that had already been set. Perhaps the act of removing the paint can also be considered as a metaphor of an erasing of the messages. Through this wiping away and the intentional making invisible, Mirijam Heiler achieved exactly the opposite. In the summary of the many small works, the theme of borders, barriers and fences became visible. The works of Mirijam Heiler carry an unexciting quality. They get away from abundance, from the loud and from the obtrusive. It’s not the combination of colors and shapes, of line and surface, structure and composition that she puts in in the foreground of the composition. Her central artistic element is reduction, the deletion without substitution of the superfluous, the dissolution of processes and forms to let the actual content be the quintessence and to make what stands between the lines more meaningful. The artist focuses on taking away rather than adding, on silence rather than telling, on limiting oneself in a purposeful way rather than on an overflowing fullness. Her paintings are a self-conscious response to a world of abundance, of consumption, of the intrusive and the loud. Starting from this series, the artist arrived at her grid paintings, which appear as an ongoing research for a formula of a world order. The grid carries, it supports corset, medium and expression. And what it does in particular is to create order, overview and regularity. Reduced to its individual parts, the grid consists of lines and the space between them. Heiler’s strict sequences show defects and empty spaces in some areas. Are they deliberately placed mistakes or are they natural patterns of our nature resulting from simple principles? It may seem that the self-imposed compulsion for planning and creating rules often makes us underestimate or even forget the moment of chance. It is perhaps a rebellion and not wanting or being able to “fit the grid“. The playful and subversively dissolved works of the needle paintings Poems almost seem to act as a blatant counterpoint to the constructivist strict grid paintings. Suddenly one finds oneself searching for the representational. The eye believes to recognize strongly abstracted figures, which alternately alone or in pairs rhythmically continue across the canvas in minimal variations. They give the impression of a calligraphic work and suggest meditation during the process of creation. 
It’s only the reference to the image of pine needles that brings the connection between nature and structure into play. Mirijam Heiler addresses the fusion between man and nature, between man and man, and between nature and nature. The needle paintings Poems can be understood as a transition to Mirijam Heiler’s most recent works, where she places her focus on ecology. Her photographic works suggest change on the one hand, adaptability on the other, and the interconnectedness of humans with nature. Heiler’s Fluid Entities are installations of plants and bone structures and present themselves as chimeras of various species and organisms. Are they mutations or new imaginative life forms? Nothing is as constant as change and the course of things, and we all cannot resist progress. We can, however, reflect a new on our role in the world in order to make responsible and socially relevant decisions in the present for the future. Mirijam Heiler’s new works do not provide a patent remedy for such future solutions. What they do provide, however, is food for thought on how to confront the problems that affect all humanity. Her approach seems to be deceleration, the renunciation of complexity, the reduction of intensity in the colors, the confession of a geometric simplicity for a pictorial perfection. In this way she opens a meta-level in which a clear view of things and an awareness of a philosophical spirituality becomes possible. Minimal manipulation of circumstances can literally turn a situation into its opposite (sculpture ME-WE) and bring the upheaval that our society needs: Because if you know the past and live the present, you automatically end up in the future.
D: 
Volume down… Future up?
Past is history, Future is mystery and the present between is a challenge…
Martina Dorner-Bauer
Die Malerin und Objektkünstlerin versucht auf unsere „laute“ Welt nicht mit noch lauteren Bildern zu antworten. Sie konzentriert sich auf das Wesentliche, auf das Wenige, auf das Unaufgeregte, um ihre Arbeiten durch Ordnung und Reduktion zu einer Orientierungshilfe werden zu lassen. Heiler wählt dabei vor allem die Reduktion von Farbe und Form. Weiß und Schwarz – eigentlich Nichtfarben, blasse Grau-, Blau- und Rosé-Töne, strenge sich stetig wiederholende einfache Folgen, Elemente aus der Natur – alles das in Kombination erscheint auf den ersten Blick konträr und doch lässt sich eine verbindende Klammer erkennen.
Die Anfänge ihrer künstlerischen Intervention rührt aus der Serie Fences, aus dem Jahr 2015, welches von der Flüchtlingsbewegung gen Europa geprägt war. Dabei legte sich die Künstlerin sechs Monate lang ein sehr strenges Konzept auf und malte sogenannte „Stills“ - tägliche Screenshots von Nachrichtensendern, die als Inspiration dienten. Das fertige Bild wurde in einem weiteren Schritt des Abwischens und wieder Wegnehmens der bereits gesetzten Ölfarbe einem strengen und konsequenten Abstraktionsprozess ausgesetzt. Das Auslöschen der Farbe kann vielleicht auch als Metapher eines Ausradierens der Nachrichten gleichgesetzt werden. Durch dieses Wegwischen und das gewollte Unsichtbar machen erreichte Mirijam Heiler genau das Gegenteil. In ihrer Summe der vielen kleineren Arbeiten wurde erst recht das Thema von Grenzen, Barrieren und Zäune sichtbar.
Die Arbeiten von Mirijam Heiler tragen eine Unaufgeregtheit inne. Sie sind eine Abkehr vom Überfluss, vom Lauten, vom Aufdringlichen. In der Gestaltung stellt sie nicht das Zusammenfügen von Farben und Formen, von Linie und Fläche, von Komposition und Bildaufbau in den Vordergrund.
Ihr zentrales künstlerisches Element ist die Reduktion, ist das ersatzlose Streichen des Überflüssigen, ist das Auflösen der Prozesse und Formen, um dem eigentlichen Inhalt zur Quintessenz zu verhelfen und um das, was zwischen den Linien steht, bedeutungsvoller zu machen. Die Künstlerin konzentriert sich vielmehr auf ein Wegnehmen, als ein Hinzufügen, auf das Schweigen als ein Erzählen, auf ein sich-gezielt-einschränken, als auf eine überbordende Fülle. Ihre Bilder sind eine selbstbewusste Antwort auf eine Welt des Überflusses, des Konsums, des Aufdringlichen und des Lautstarken.
Ausgehend von dieser Serie fand die Künstlerin zu ihren Rasterbildern, die als eine weiterführende Suche und als Formel für eine Weltordnung erscheinen. Das Raster trägt, es ist Stützkorsett, Medium und Ausdruck. Und es schafft insbesondere Ordnung, Überblick und Regelmäßigkeit. In der Strenge der Arbeiten drängen sich Redewendungen vor das geistige Auge, wie „durchs Raster fallen“ – was mit den anfänglichen Arbeiten der Fences förmlich in Resonanz geht. Reduziert auf seine Einzelteile besteht der Raster aus Linien und aus dem Raum dazwischen. Es obliegt allein dem Betrachter, welcher Qualität er seine Aufmerksamkeit schenkt und ob in seiner Wahrnehmung die eingrenzenden Linien oder der viele Raum dazwischen die Oberhand gewinnt. Heilers strenge Folgen weisen in manchen Bereichen Defekte und Leerstellen auf. Sind es bewusst gesetzte Fehler oder sind es natürliche Muster unserer Natur, die sich aus einfachen Prinzipien ergeben. Es kann den Anschein erwecken, dass der selbstauferlegte Zwang nach Planung und Regelwerk oftmals den Moment des Zufalls unterschätzen oder gar vergessen lässt. Es ist vielleicht ein Auflehnen und ein nicht „Ins Raster passen“ wollen oder können. Oder ist es eine Anspielung an die „Rasterfahndungsmethoden“ der Suchalgorithmen von Google, Amazon & Co, die unsere Gesellschaft gläsern werden lassen. Die Antwort, wie sie auch lautet, findet ganz allein der Betrachter.
Die spielerisch und subversiv aufgelöst wirkenden Arbeiten der Nadelbilder Poems treten den konstruktivistisch strengen Rastergemälden fast frech entgegen. Plötzlich ertappt man sich bei der Suche nach dem Gegenständlichen. Das Auge glaubt stark abstrahierte Figuren zu erkennen, die wechselseitig allein oder in Paaren in minimalen Abwandlungen sich rhythmisch über die Leinwand fortsetzen. Sie lassen die Anmutung eines kalligrafischen Werks aufblitzen und an Meditation während des Entstehungsprozesses denken.
Erst der Hinweis auf das Abbild von Kiefernadeln bringt die Verbindung zwischen Natur und Struktur ins Spiel. Mirijam Heiler thematisiert die Verschmelzung zwischen Mensch und Natur, zwischen Mensch und Mensch und zwischen Natur und Natur. Albert Schweitzer mahnte im Hinblick auf den Wandel und des Fortschritts und meinte: „In der Hoffnung, den Mond zu erreichen, vergisst der Mensch, auf die Blumen zu schauen, die zu seinen Füßen blühen.“
Die Nadelbilder Poems sind vielleicht auch als Übergang zu Mirijam Heilers jüngsten Arbeiten zu verstehen, wo sie ihren Fokus auf die Ökologie legt. Ihre Fotoarbeiten deuten die Veränderung einerseits, die Anpassungsfähigkeit andererseits und die Verzahnung von Mensch und Natur an. Heilers Fluid Entities sind Installationen aus Pflanzen und Knochenstrukturen und präsentieren sich als Chimären der verschiedensten Arten und Organismen. Sind sie Mutationen oder neue fantasievolle Lebensformen? Oder zeigt es vielmehr ein Einfühlen der Künstlerin in den Bauplan der Natur? Nichts ist so beständig wie der Wandel und der Lauf der Dinge und wir alle können uns dem Fortschritt nicht verwehren. Wir können aber unsere Rolle in der Welt neu reflektieren, um in der Gegenwart verantwortungsvolle und gesellschaftsrelevante Entscheidungen für die Zukunft zu setzen.
Mirijam Heilers neue Werke geben kein Patentrezept für derartige Zukunftslösungen. Was sie allerdings anregen, sind Denkanstöße, wie man den die ganze Menschheit betreffenden Problemen begegnen kann. Ihr Zugang scheint die Entschleunigung zu sein, der Verzicht auf Komplexität, die Reduktion der Intensität in den Farben, das Bekennen einer geometrischen Einfachheit für eine Bildperfektion. Dadurch eröffnet sie eine Metaebene, in der ein klarer Blick auf die Dinge und ein Bewusstsein für eine philosophische Spiritualität möglich wird. Minimale Manipulation von Gegebenheiten können eine Situation förmlich ins Gegenteil wenden (Skulptur ME-WE) und den Umbruch bringen, den unsere Gesellschaft braucht: Denn wenn man die Vergangenheit kennt und die Gegenwart lebt, landet man automatisch in der Zukunft.

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